«Viel Neuschnee bedeutet eine kurzzeitig sehr hohe Lawinengefahr, während die Gefahrenstufe 3 dabei noch zu den meisten Lawinenunfällen überhaupt führt», bilanziert der Lawinenexperte des WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) Kurt Winkler auf Anfrage. Gefahrenstufe drei von fünf werde dabei oftmals unterschätzt, denn um eine Lawine auszulösen reicht bereits einfaches Skifahren abseits der Piste. Im Gebiet um Zermatt, bei dem sich am Samstag ein Drama mit mindestens fünf Toten abspielte, herrscht aktuell gar die zweithöchste Gefahrenstufe 4.
Um den Tête Blanche waren am Samstag sechs Skitourengänger im Alter zwischen 21 und 58 Jahren unterwegs. Noch am selben Abend bargen die Bergretter fünf der sechs Sportler leblos – eine Person wird weiter vermisst, das schlechte Wetter erschwerte am Sonntag jedoch die Suche.
Der Lawinenexperte Winkler warnt am Montag unerfahrene Berg- und Skitourengängen davor, sich trotz des schönen Neuschnees weit ins steile Gelände vorzuwagen: «Ohne die nötige Erfahrung ist es schwierig die Gefahrenstellen richtig einzuschätzen, deshalb ist eine gute Wahl für unerfahrene Wintersportler aktuell die präparierte Skipiste.»
Fünf der sechs Personen, nach denen seit dem 9. März auf der Route Zermatt-Arolla aktiv gesucht worden war, wurden am Abend gefunden. Die Gruppe war am Samstagmorgen in Zermatt aufgebrochen und galt in der Region Tête Blanche als vermisst.https://t.co/yIRI2rwjYD
— Polizei Wallis (@PolizeiWallis) March 11, 2024
Viel Geduld für Autofahrer
Wegen viel Neuschnee in den letzten beiden Tagen zeigt sich das Lawinenbulletin aktuell weitgehend in dunklem Orange. Will heissen: weitgehend Gefahrenstufe 3. Der Experte rechnet damit, dass dies in den nächsten Tagen so weitergeht: «Der Föhn wird abnehmen, es kommt jedoch nochmals Neuschnee hinzu – für die Zentralschweiz unter dem Strich ein Nullsummenspiel.» Weitere Prognosen seien jedoch unsicher, deshalb veröffentlicht das SLF jeden Tag zweimal ein aktuelles Lawinenbulletin.
Leidtragende waren am Wochenende jedoch nicht nur Wintersportlerinnen und Wintersportler, sondern auch die Autofahrer. Aufgrund einer grösseren Lawine zwischen Hospenthal und Realp wurde der Autoverlad Furka um 16.30 Uhr komplett eingestellt.
Der Betrieb am Autoverlad Furka zwischen Oberwald (VS) und Realp (UR) ist aktuell eingestellt. Grund dafür ist die Sperrung der Strasse zwischen Realp und Hospental infolge Lawinengefahr.
— Matterhorn Gotthard Bahn (@mgbahn) March 10, 2024
Föhn führt zu hoher Lawinengefahr
Auf der Alpennordseite war im Gegensatz zum Wallis und Tessin nicht der starke Schneefall verantwortlich für die hohe Lawinengefahr, sondern der starke Föhn. «Der Föhnsturm hat den ganzen lockeren Schnee der letzten Tage herum geblasen und im Windschatten abgelagert», so Winkler. Diese Triebschneeablagerungen müssen von Wintersportlern erkannt werden, denn diese bieten hohes Gefahrenpotenzial für Lawinen.
(red./efl)