Luzern

Kindergartenkinder verhalten sich zunehmend auffällig

19.08.2020, 06:34 Uhr
· Online seit 19.08.2020, 06:29 Uhr
Die Kleinsten machen den Luzerner Schulen zunehmend Sorgen: Die Kindergartenkinder nehmen die Lehrpersonen mit ihrem Verhalten immer häufiger in Beschlag. Doch woran liegt das?
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«Das Verhalten von Kindergartenkindern hat sich in den letzten Jahren definitiv verändert», sagt Charles Vincent, Leiter der Dienststelle Volksschulbildung im Kanton Luzern. «Es ist auffällig, dass die Kinder weniger gruppentauglich sind als früher.» Die Ursache dafür vermutet Vincent darin, dass Kinder häufiger in Kleinfamilien aufwachsen.

«Bei meiner Umfrage unter Kolleginnen und Kollegen herrscht die Meinung, dass körperliche Gewalt definitiv die Ausnahme ist. Schon eher üblich ist der Gebrauch von Wörtern gegenüber Lehrpersonen, welche nicht im sprachlichen Jargon eines 5-Jährigen sein sollten», sagt Vreni Gilli, selbst Kindergärtnerin und Präsidentin der Konferenz Kindergarten und Primarschule.

Kinder sind es nicht mehr gewohnt zu warten

Ruth Enz, Leiterin des Schulpsychologischen Dienstes der Stadt Luzern, sieht mehrere Gründe für diese Entwicklung. «Es hat eine gesellschaftliche Veränderung gegeben. Kinder sind kaum mehr unter sich, sondern mehrheitlich von Erwachsenen umgeben. Sei dies Zuhause oder in der «Kita». Und diese Erwachsenen moderieren oft die Konflikte unter den Kindern. «Dadurch fehlt den Kindern häufig genau diese wichtige Kompetenz.»

Die Omnipräsenz von Erwachsenen hat noch weitere Auswirkungen. «Immer mehr Kinder sind sich nicht mehr gewohnt zu warten, da ihre Bedürfnisse sehr schnell gestillt werden», so Enz. Eine Herausforderung seien daher Teile des Stundenplans im Kindergarten, wo schulähnliche Elemente geübt werden. «In diesen Lektionen müssen die Kinder auch warten können, weil die Aufmerksamkeit der Lehrperson sich auf alle verteilt.» Manche Kinder könnten das noch nicht und zeigten dann störendes Verhalten.

Basisstufenmodell ist nicht die Lösung aller Probleme

Bereits wurden einige Massnahmen ergriffen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. «Mit dem Basisstufenmodell sind vier verschiedene Jahrgänge und zwei Lehrpersonen in einer Klasse. Dadurch können sich die Lehrpersonen besser den verschiedenen Bedürfnissen widmen und die älteren Kinder dienen als Vorbilder für die Jüngeren», erklärt Charles Vincent.

Auch Schulpsychologin Ruth Enz findet das Basisstufenmodell ein pädagogisch interessantes, aber auch sehr anspruchsvolles Setting. «Die Schere in der emotionalen und sozialen Entwicklung, aber auch bei den schulischen Fertigkeiten geht bei diesen Mehrjahrgangsklassen enorm auseinander». Weiter stelle dieses Modell sehr hohe Ansprüche an die Gestaltung des Unterrichts, bemerkt Schulpsychologin Ruth Enz.

Im Zuge dieser Thematik führt der Schweizerische Lehrerverband demnächst eine Studie zum Thema Gewalt gegenüber Lehrpersonen durch.

(hto)

veröffentlicht: 19. August 2020 06:29
aktualisiert: 19. August 2020 06:34
Quelle: PilatusToday

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