Mehr Transparenz

Öffentlichkeitsprinzip: Kanton Luzern nimmt wieder einmal einen Anlauf

· Online seit 01.02.2022, 06:53 Uhr
Die Verwaltungen sind in allen Kantonen entweder bereits transparent oder werden es demnächst. Weit entfernt von der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips ist nur noch Luzern. Das wollen eine Kantonsparlamentskommission und die Regierung ändern – mit guten Chancen.
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Wäre es nach der Regierung gegangen, hätte der Kanton Luzern das Öffentlichkeitsprinzip schon 2007 eingeführt. Ein entsprechender Passus in der Kantonsverfassung wurde jedoch vom damaligen Grossen Rat gestrichen. Zwei weitere Versuche, Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu amtlichen Dokumenten zu erleichtern, erlitten 2015 und 2018 Schiffbruch.

Heute, 15 Jahre nach dem ersten Versuch, scheint es, als würde Luzern doch noch eine transparente Kantonsverwaltung erhalten. Weg vom Gemeinhaltungsprinzip mit Öffentlichkeitsvorbehalt hin zum Öffentlichkeitsprinzip mit Geheimhaltungsvorbehalt. Die Behörden müssen künftig also begründen, wenn sie den Zugang zu Dokumenten verweigern. Das schreibt die "Luzerner Zeitung" am Dienstag.

Bürgerliche wollen ihre Meinung anpassen

Die Aussage, wonach Luzern als wohl letzter Kanton der Schweiz ein Öffentlichkeitsprinzip erhalten wird, stützt sich auf die aufgeweichten Positionen unter den Mitgliedern der bürgerlichen Fraktionen. Während Mitte, FDP und SVP 2015 und 2018 noch praktisch geschlossen gegen das Öffentlichkeitsprinzip votierten, wird es nun auch Befürwortende geben. Wie viele es bei der SVP sein werden, sei «schwierig zu beurteilen», sagt Parteipräsidentin Angela Lüthold. Bei der FDP hingegen dürfte die Zustimmung inzwischen «grossmehrheitlich oder gar einstimmig» sein, glauben Irene Keller und Andreas Bärtschi, die das Vizepräsidium der Fraktion bilden. Die Mitte wird sich einer Diskussion laut Fraktionschef Adrian Nussbaum ebenfalls nicht verschliessen. «Ich kann mir gut vorstellen, dass unsere Fraktion der Motion positiv gegenübersteht», sagt der Hochdorfer Politiker. SP, Grüne und Grünliberale, die 42 der 120 Sitze im Kantonsparlament besetzen, waren schon immer für eine Einführung.

Dass es zu einer erneuten Diskussion über das Öffentlichkeitsprinzip kommt, geht auf eine im Juni 2021 eingereichte Motion der Staatspolitischen Kommission (SPK) des Kantonsparlaments zurück. Der Vorstoss, den laut Kommissionspräsidentin Angela Lüthold etwa 75 Prozent der 13 SPK-Mitglieder gutgeheissen haben, wird auch von der Regierung unterstützt, wie der gestern veröffentlichten Antwort zu entnehmen ist. Sagt das Parlament Ja zur Motion, würde die Regierung ihren darauf folgenden Entwurf in die Vernehmlassung schicken.

Bern nahm vor 30 Jahren eine Pionierrolle ein

Bis der Kanton Luzern auch diese Hürde gemeistert hat, kann es 2025 werden. Das entspräche dann einem Rückstand von 30 Jahren auf die oft als «langsam» bezeichneten Berner. Die westlichen Nachbarn Luzerns nahmen 1995 eine Pionierrolle ein und setzten das Öffentlichkeitsprinzip als erster Kanton und elf Jahre vor dem Bund in Kraft.

Obwohl bei den Bürgerlichen also teilweise oder gar mehrheitlich die Erkenntnis gereift ist, auch Luzern brauche eine transparente Verwaltung, wird das Geschäft noch viel zu reden geben. Grund sind Bedingungen, welche die Mitte und die FDP stellen. Für Nussbaum, Keller und Bärtschi ist nämlich klar: Luzern soll das Rad nicht neu erfinden, sondern auf die in anderen Kantonen und beim Bund gemachten Erfahrungen zurückgreifen. Die Mitte werde ausserdem eine pragmatische Lösung verlangen und lehne die Schaffung von neuen Organen ab, sagt Nussbaum. Der FDP ist es wichtig, die Gemeindeautonomie nicht zu verletzen.

Vertrauen zwischen Einwohnern und Verwaltung stärken

Die Regierung zitiert in ihrer Antwort auf die Motion auch Passagen aus dem Planungsbericht über die politische Kultur, der vom Parlament im September 2020 abgesegnet wurde. Obwohl das Öffentlichkeitsprinzip «zur Verbesserung der Informationsqualität nicht nötig» sei, könne es doch «zur Verbesserung des Vertrauens zwischen Einwohnerinnen und Einwohnern und der Verwaltung beitragen». Zwei Aussagen, die von der Mitte geteilt würden, betont Fraktionschef Adrian Nussbaum.

Die Regierung hält es ausserdem für möglich, dass das Öffentlichkeitsprinzip als Ausdruck des kantonalen Selbstverständnisses eine vertrauensfördernde Wirkung entfalten und als politisches Signal verstanden werden könne. Die Ausnahmestellung Luzerns unter den Kantonen sei «heute nur noch schwer begründbar».

veröffentlicht: 1. Februar 2022 06:53
aktualisiert: 1. Februar 2022 06:53
Quelle: Luzerner Zeitung

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