Viva con Agua

Wusstest du, dass die Organisation aus der Feder eines Luzerners stammt?

· Online seit 14.06.2021, 17:19 Uhr
Gregor Anderhub ist Geschäftsmann und moderner Wohltäter in einem. Durch Zufall war der Luzerner bei der Gründung von Viva con Agua in Deutschland dabei. Zwölf Jahre später ist er Geschäftsführer des Schweizer Ablegers und kann sich keinen schöneren Job vorstellen.
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Viva con Agua ist den regelmässigen Festivalgänger*innen bestimmt ein Begriff – zumindest jenen, die sich noch an die Zeit vor Corona erinnern. Viva con Agua, das sind die Aktivist*innen, die auf praktisch allen grossen Musikfestivals in der Schweiz Depotbecher als Spendengelder sammeln. Was die wenigsten wissen: Begonnen hat alles mit einem Luzerner.

Gregor Anderhub engagiert sich seit über zehn Jahren für Viva con Agua. Doch die Corona-Pandemie hat ihn und seine Organisation vor nie da gewesene Herausforderungen gestellt. PilatusToday hat Gregor Anderhub in dieser herausfordernden Zeit zum Interview getroffen.

Sie sind seit der ersten Stunde Geschäftsführer von Viva con Agua in der Schweiz. Wie kam es dazu?

Gregor Anderhub: Mir hat die Idee hinter dem Engagement gefallen. Helfen mit Freude – ohne den moralischen Zeigefinger zu heben. Ich hatte schon immer eine Leidenschaft für Soziales. Am Schluss war es sicher meine Neugier und viel Intuition.

Sie sind Wohltäter vor Ort in den Entwicklungsländern, aber auch in der Schweiz. Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Wenn ich in der Schweiz bin, agiere ich gemeinsam mit meinem Team als eine Art «soziale Eventagentur». Wir versuchen, Wünsche unserer Partner*innen zu realisieren und organisieren Veranstaltungen, um die Leute zum Spenden und Mitmachen zu animieren. Bin ich vor Ort in den Entwicklungsländern, packe ich mit an, schaffe Infrastrukturen und Verständnis. Ziel ist es, lokale Teams und Strukturen vor Ort zusammenzustellen, damit auch nach unserer Abreise alles reibungslos funktioniert.

Quelle: Andrin Fretz/Viva con Agua

Wie sieht die Struktur hinter Viva von Agua Schweiz aus?

Wir sind als gemeinnütziger Verein organisiert und haben eigenständige Strukturen, nutzen aber gleichzeitig die vielfältigen Synergien, die es etwa mit der Viva con Agua-Organisation in Deutschland gibt. Heute haben wir mehrere Festangestellte und koordinieren alles von A-Z selbst. Wenn es Sinn macht, beteiligen sich die internationalen Viva con Agua-Organisationen aber weiterhin zusammen an Projekten.

Wenn Sie von der Organisation sprechen, spürt man Ihre Leidenschaft. Gibt es noch Freizeit oder sind Sie gedanklich immer beim «Helfen»?

Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Daher gilt meine Leidenschaft natürlich der Organisation. Und auch privat werde ich immer wieder mal mit meinen Aufgaben konfrontiert beziehungsweise gibt es Berührungspunkte. Aber ich glaube es gelingt mir gut, einen gesunden Ausgleich zu schaffen.

Welches war Ihr schönstes Erlebnis in Zusammenhang mit der Organisation?

Es gibt nicht das eine schönste Erlebnis. Es ist ein Zusammenspiel von Emotionen. Zum Beispiel, wenn ich mir vor Augen führe, dass das, was wir tun, einen Sinn hat und wenn ich vor Ort sehe, dass die Strukturen greifen. Denn Wasser ist der Anfang jeglicher Entwicklung.

Wie wird Ihre Unterstützung in den jeweiligen Ländern angenommen?

Wir können von den Einheimischen nicht erwarten, dass sie sofort ein Verständnis für unsere Projekte und Aktionen haben. Daher versuchen wir auch immer, mit Leuten vor Ort zu arbeiten, die quasi als Vermittler*innen agieren. So können wir die Bevölkerung aktiv involvieren, ohne dabei auf sie herabzuschauen oder eine Abhängigkeit zu schaffen. Insgesamt zeigt sich aber eine grosse Dankbarkeit und unsere Arbeit wird gut angenommen.

Quelle: Andrin Fretz/Viva con Agua

Wie hat sich Ihre Arbeit durch die Corona-Pandemie verändert?

Es war verrückt. Grossanlässe und Festivals sind eine unserer wichtigsten Einnahmequellen. Wir hatten plötzlich keine Partnerschaften und keine Sichtbarkeit mehr. Gleichzeitig haben wir gemerkt, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, Spenden zu generieren. Durch unseren 36-Stunden-Livestream stream4water beispielsweise konnten wir Spenden in Höhe von 50'000 Euro generieren. Vor Ort in Südafrika hatten wir vor allem mit Stillstand zu kämpfen. Es gab Verzögerungen in unseren Projekten, die wir jetzt versuchen aufzuarbeiten.

Wie unterscheidet sich Viva von Agua von anderen Hilfsorganisationen?

Wir waren als Gründerteam sehr jung und sind selbst in die Unternehmerwelt hineingewachsen. Uns ist ein freudvoller Ansatz und ein gegenseitiges Lernen wichtig, daher haben wir auch eine eher jüngere Zielgruppe, die mit uns mitwächst. Wir wollen eine positive Weltsicht verbreiten und unseren Mitmenschen auf Augenhöhe begegnen.

Wie können Privatpersonen ihre Organisation unterstützen?

Viva con Agua wird oft auf die «Hilfsorganisation mit den Bechern auf Grossveranstaltungen» reduziert. Doch mittlerweile sind wir viel breiter aufgestellt und organisieren immer wieder Aktivitäten, an denen sich jedermann beteiligen kann. Auf unserer Website findet man immer spannende Mitmach-Angebote. Natürlich ist auch eine klassische Geld-Spende mittels Formular möglich. Oder man kann unsere sozialen und nachhaltigen Produkte kaufen. Wir haben zum Beispiel Wasser oder WC-Papier.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Wir wollen in den nächsten Jahren eine Unabhängigkeit erreichen. Ziel soll es sein, unsere Löhne durch einen Businessklub zu decken, damit 100 Prozent der Spenden in die Projektländer fliessen. Weiter wollen wir eigene Ableger in den Projektländern stärken und Leute vor Ort in unsere Arbeit involvieren.

veröffentlicht: 14. Juni 2021 17:19
aktualisiert: 14. Juni 2021 17:19
Quelle: PilatusToday

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