Nidwalden sucht Zeugen fürsorgerischer Zwangsmassnahmen
Es geht um Menschen, die gegen ihren Willen in Heimen, Anstalten oder bei fremden Familien platziert wurden, dort teilweise Gewalt oder Missbrauch erlebten und noch heute darunter leiden. Die Fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 sind ein dunkles Kapitel in der Schweizer Sozialgeschichte, die in vielen Kantonen derzeit aufgearbeitet wird.
Es fehlt ein Überblick
So auch im Kanton Nidwalden. Durch Einsicht in Dokumente im Staatsarchiv wurde herausgefunden, dass auch in Nidwalden fürsorgerische Zwangsmassnahmen zu willkürlichen Entscheiden, Missbrauch und Gewalt führten. «Jedoch fehlen bisher ein Überblick und das Wissen über konkrete Zusammenhänge», schreibt der Kanton.
Deshalb wurde ein Forschungsprojekt lanciert, in dem der Universität Bern 360'000 Franken für die Aufarbeitung zur Verfügung gestellt werden. Voraussichtlich im Herbst soll die Bevölkerung in einer Publikation über die Vorkommnisse in Anstalten oder Heimen informiert werden.
Kanton sucht nach Zeitzeugen
Grundlage für die Publikation sind einerseits Unterlagen aus dem Staatsarchiv, andereseits werden Interviews mit Betroffenen geführt. «Der Kanton ist daher auf der Suche nach Zeitzeugen, die bereit sind, über das Leid, welches ihnen unter den Zwangsmassnahmen in Nidwalden widerfahren ist, zu sprechen», heisst es in einer Mitteilung.
Michèle Blöchliger, Nidwaldner Gesundheits- und Sozialdirektorin, ist sich bewusst, dass es Überwindung braucht, darüber zu sprechen: «Ihre Erinnerungen sind aber von unschätzbarem Wert, um die Geschichte genau aufzuarbeiten.» Personen, die sich als Interviewpartner melden, können selber entscheiden, ob sie ihren Namen zu Forschungszwecken zur Verfügung stellen oder anonym bleiben wollen.
Interessierte melden sich beim Staatsarchiv unter +41 41 618 51 51 oder staatsarchiv@nw.ch
(red.)