Bauboom in Andermatt lockt Briefkastenfirmen an
Was vor ein paar Jahren noch ein Übungsplatz für die Armee war, ist heute ein Eldorado für Immobilienverkäufer. Im vergangenen Jahr wurden in Andermatt Wohnungen im Wert von 151 Millionen Franken verkauft. 70 Prozent der Käufer stammten aus der Schweiz. Die günstigste 2-Zimmer-Wohnung kostet über 1,2 Millionen Franken. Die Preise locken vermutlich eher gut betuchte Kundschaft an. Darunter befinden sich gemäss Recherchen des «Tagesanzeigers» anonyme Briefkastenfirmen in Steueroasen.
Jungferninseln und Panama-Stadt
Genannt wird die Rochette Ventures Ldt.: Das Unternehmen mit Sitz auf den britischen Jungferninseln hat drei Wohnungen in Andermatt gekauft. Die Primavera Overseas Inc. mit Sitz in Panama-Stadt hat eine Wohnung erworben und die Pejoka Invest Ltd. aus der zypriotischen Hauptstadt Nikosia ist als Käuferin im Grundbuch eingetragen.
Die anonymen Firmen sind für Martin Hilti von Transparency International ein Alarmsignal. Es werde oft Geldwäscherei über den Einsatz von komplizierten Gesellschaftskonstrukten wie verschiedene länderübergreifende Sitzgesellschaften betrieben, sagt er gegenüber des «Tagesanzeigers». Die wirtschaftliche Berechtigung hinter diesen Konstrukten zu kennen, sei zentral.
Ausnahmeregelung machts möglich
Doch in Andermatt schauen die Behörden dem Treiben tatenlos zu. Schuld daran ist eine Ausnahmeregelung, die aus der Feder des ehemaligen SVP-Justizdirektors Christoph Blocher stammt. Diese ermöglicht Personen und Unternehmen, Immobilien in Andermatt zu kaufen, auch wenn sie ihren Sitz im Ausland haben. Deshalb muss das Grundbuchamt keine Abklärungen tätigen und das Geschäft muss den Bewilligungsbehörden nicht zur Prüfung unterbreitet werden. Die 2006 vom Bundesrat beschlossene Kompensation für wegfallende Arbeitsplätze der Armee öffnet nun anonymen Anlegern die Tore.
Günstiger Wohnraum wird rar
Der Immobilienverkauf im Auftrag von Samih Sawiris schreitet so ungehindert voran und verwandelt das Urner Bergdorf in einen mondänen Ferienort – mit negativen Folgen für Andermatt. Wegen des rasanten Wachstums stosse die Gemeinde-Infrastruktur an ihre Grenze. So müsse ein neuer Standort für einen grösseren Werkhof gefunden werden, sagt FDP-Gemeindepräsident Peter Baumann. Zudem würden die Immobilienpreise steigen. Günstiger Wohnraum für die Einheimischen und Angestellten der Hotels würde dadurch knapp. Trotzdem befürwortet Baumann den Bauboom. Das Sawiris-Projekt habe viele neue Arbeitsplätze in die Region gebracht.
(red.)