Gutachten bringt Klarheit

Weitreichende Folgen für alle Klein-Wasserkraftwerke

06.11.2020, 21:28 Uhr
· Online seit 06.11.2020, 13:18 Uhr
Gemäss einem Urteil des Bundesgerichts müssen ehehafte Wasserrechte «bei erster Gelegenheit» an die heutigen Vorschriften angepasst werden. Ein Gutachten zeigt nun wie dieses umgesetzt werden kann. Auch die Entschädigungsfrage ist geklärt.
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Das Urteil des Bundesgerichts im Streitfall des Kraftwerks Hammer in Cham hat für alle Betreiber von Kleinwasserkraftwerken in der Schweiz weitreichende Folgen. Die ehehaften Wasserrechte müssen «bei erster Gelegenheit» abgeschafft werden und durch Konzessionen ersetzt werden.

Werke müssen an Umweltvorgaben einhalten

Konkret bedeutet das für die Betreiber von Kleinwasserkraftwerken mit einem ehelichen Wasserrecht, dass sie ihre Kraftwerke an die neusten gesetzlichen Umweltvorgaben anpassen müssen. Das Urteil der obersten Richter stellte daher einen grossen Erfolg für den WWF dar, der gegen die Sanierung des Chamer Kraftwerks Einsprache eingelegt und unter anderem eine grössere Restwassermenge gefordert hatte.

Im Kanton Zug verfügen bisher sechs der 17 Werke über eine Konzession. Die weiteren elf Kleinwasserwerke behaften sich auf die ehehaften Wasserrechte und sind dadurch direkt vom Urteil des Bundesgerichts betroffen. Viele sehen ihre Wirtschaftlichkeit nach einer Umsetzung nicht mehr geben. Mehr Restwasser bedeutet gleichzeitig weniger Strom.

Gutachten schafft Rechtssicherheit

Bestehende Rechte können nicht einfach so entzogen werden. Nach dem Urteil stellten sich für den Kanton Zug knifflige Fragen: Bis wann müssen die Betreiber über Konzessionen verfügen? Haben sie möglicherweise Anspruch auf eine Entschädigung? Um diese Fragen zu beantworten, hat die Zuger Baudirektion ein Gutachten in Auftrag gegeben.

Nun liegt das von Andreas Abegg, Rechtsprofessor an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) sowie von Goran Seferovic, Privatdozent an der ZHAW und Rechtsanwalt, erarbeitete Gutachten vor. Die Gutachter kommen zum Schluss, dass die ehehaften Wasserrechte innert zehn Jahren abzulösen seien. Dabei handelt es sich um die maximale Übergangsfrist. Dies entspricht der gesetzlichen Frist für eine Neukonzessionierung.

Das Bundesgericht spricht von einer Ablösung bei «erster Gelegenheit». Laut Gutachten sind das «alle Vorgänge unter Beteiligung der Behörden, welche Auswirkungen auf den Betrieb des Wasserkraftwerks und seine Umgebung haben könnten». Dabei handelt es sich zum Beispiel um Baugesuche, denkmalpflegerische Schutzentscheide oder Finanzierungszusagen.

Wird der Kanton Entschädigungspflichtig?

Das Gutachten beschäftigt sich auch mit der Entschädigungsfrage. Muss der Betrieb stillgelegt werden, weil sich die Weiterführung nicht mehr lohnt, ist grundsätzlich keine Entschädigung zu leisten. Haben die Betreiber hingegen Investitionen im Vertrauen auf das ehehafte Recht oder einer Baubewilligung getätigt, die nicht mehr amortisiert werden können, sind gemäss dem Gutachten Entschädigungen zu sprechen.

Weiter macht das Gutachten klar, dass die Betreiber nur einen Anspruch auf eine Konzession haben, wenn sie die geltende Rechtsordnung vollumfänglich erfüllen. Dazu gehören die umweltrechtlichen Vorgaben bezüglich der Restwassermenge, Fischgängigkeit oder Regeln zum Geschiebehaushalt. Die Kleinwasserkraftwerke verlieren somit spätestens in zehn Jahren ihren eigentumsähnlichen Sonderstatus.

Der Kanton Zug wir als nächstes das Gespräch mit den Kraftwerkeigentümern suchen. Dabei stellt er ihnen das Gutachten vor und legt das weitere Vorgehen fest. «Gleichzeitig werden auch die Umweltorganisationen über das weitere Vorgehen informiert», wie es in einer Mitteilung des Baudirektion heisst.

(hto)

veröffentlicht: 6. November 2020 13:18
aktualisiert: 6. November 2020 21:28
Quelle: PilatusToday

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