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Unser Corona-Kurz-Update für alle, die im Winterschlaf waren

04.01.2021, 13:02 Uhr
· Online seit 04.01.2021, 12:28 Uhr
Weihnachten ist die Zeit, um sich zurückzuziehen und etwas in sich zu kehren. Verständlich, dass man das Smartphone nach einem harten Jahr für eine Woche weglegt. Doch viel ist passiert zwischen den Jahren. Hier das wichtigste, damit du wieder mitreden kannst.
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Es wird geimpft, wenn auch langsam

Kurz vor Weihnachten wurde die erste Schweizerin in Luzern geimpft. Heute Montag ist der «grosse» landesweite Impfstart. «Gross» deshalb, weil zurzeit nur rund 100'000 Menschen in der Schweiz eine von zwei Impfdosen der ersten zugelassenen Impfung von Pfizer und Biontech erhalten können. Das heisst, zurzeit können nur rund 50'000 Personen durch eine Impfung geschützt werden.

In Israel, das gleich gross ist wie die Schweiz, werden rund 150'000 Personen geimpft – pro Tag. 12 Prozent der Israelis wurden bereits gegen das Coronavirus geimpft (nicht so die Palästinensische Bevölkerung, wie Menschenrechtsaktivisten kritisieren).

Wieso scheint die Schweiz diesen Startschuss verpasst zu haben?

Ein Punkt ist das Setzen aufs richtige Impf-Pferd. Die Schweiz setzte den Grossteil ihrer Bestellungen bei den Herstellern Moderna und Astra Zeneca ab. Diese befinden sich noch im Zulassungsverfahren. Hier dürfte auch der Preis eine Rolle gespielt haben. Medienberichten zufolge war Israel bereit für den Impfstoff von Pfizer und Biontech das Doppelte zu bezahlen als die Europäischen Staaten.

Zudem ist der bisher einzige hierzulande zugelassene Impfstoff empfindlich bei der Lagerung und eignet sich deshalb vor allem für den Einsatz in grossen Impfzentren und nicht in Apotheken und Arztpraxen.

Für die Einrichtung solcher Impfzentren fehlt es vielen Kantonen aber noch an Personal. Etwa in Bern, wo man erst zum Jahresende mit der Suche nach einer verantwortlichen Person für die Umsetzung der Impfkampagne begonnen hat. Eine Herkulesaufgabe, in Bern ein Pensum von «40 - 50%».

Der erste «Impftote» war gar keiner

Im Ebikoner Alters- und Pflegezentrum Höchweid ist ein 91-jähriger Mann kurz nach Verabreichung einer Corona-Impfung verstorben. Weil der behandelnde Arzt die Meldung publik machte, war die Rede vom ersten Impftoten der Schweiz (PilatusToday berichtete). Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic sieht nach Abklärungen keinen Zusammenhang zwischen dem Tod des Mannes und der Corona-Impfung.

Wie die «Sonntagszeitung» berichtete, handelt es sich beim Arzt um einen bekannten Corona-Skeptiker, der unter anderem wegen Auftritten an Corona-Demonstrationen oder per E-Mail ausgestellten Masken-Attesten in Erscheinung getreten war. Auf Anfrage von PilatusToday und Tele1 bestätigt das Alterszentrum Medienberichte, dass der Ebikoner Hausarzt seit Jahresbeginn nicht mehr für das Zentrum arbeite. Er habe das Arbeitsverhältnis im Juni gekündigt, weil man sich seit Beginn der Pandemie nicht über die Umsetzung der Corona-Schutzmassnahmen einig war. In den zehn Jahren davor sei die Zusammenarbeit immer «positiv und konstruktiv» gewesen, so Zentrumsleiterin Marianne Wimmer auf Anfrage.

Der behandelnde Arzt wollte sich auf Anfrage nicht zum Fall äussern.

Darum reden jetzt alle über den R-Wert

Der Reproduktionswert (R-Wert), einem datenbasierenden Schätzwert der ETH, zeigt auf, wie viele Menschen von Infizierten angesteckt werden. Der derzeitige schweizweite R-Wert von 0,95 bedeutet, dass 100 Corona-Infizierte 95 Nicht-Infizierte mit dem Virus anstecken. Der R-Wert wird jeweils mit 14 Tagen Verspätung berechnet und muss gemäss Corona-Taskforce bei unter 0,8 liegen, damit sich die Fallzahlen wie gewünscht alle zwei Wochen halbieren.

Mit einem R-Wert von unter 1,0 gab der Bund den Kantonen die Möglichkeit, die schweizweiten Corona-Massnahmen zum Teil aufzuheben, etwa durch längere Öffnungszeiten, offene Fitnesscenter oder Restaurants in Skigebieten.

Die aktuellen R-Werte zeigen einen Anstieg in sieben Kantonen kurz vor Weihnachten. Neuenburg, Waadt und der Kanton Wallis haben deshalb am Sonntag ihre Ausnahmeregelungen aufgehoben (PilatusToday berichtete). Doch auch die Zentralschweizer Kantone Nidwalden und Uri verzeichneten kurz vor Weihnachten steigende R-Werte. Experten rechnen damit, dass die Ansteckungsrate über Weihnachten und Neujahr weiter gestiegen sind. Klarheit wird ab dieser Woche herrschen.

Die Zentralschweizer R-Werte im Vergleich:

Schweiz 0,95
Uri 1,14
Nidwalden 1,12
Zug 0,99
Luzern 0,94
Schwyz 0,91
Obwalden 0,86

Und was dies mit Schulschliessungen zu tun hat

Es sei Zeit, über Schulschliessungen zu reden. Dies sagte Lukas Engelberger, Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK), am Sonntagabend in der «Tagesschau». Dies sei wichtig, falls die bisherigen Massnahmen nicht ausgereichen, die Fallzahlen nach unten zu drücken. «Bislang ist versucht worden, die Schule und das Arbeitsleben möglichst zu schonen», sagte Engelberger. Der Spielraum sei aber jetzt ausgeschöpft.

Schulschliessungen nur mit Home-Office umsetzbar

Funktioniere der Fernunterricht, dann komme es auch zu weniger Kontakten zwischen Schülerinnen und Schülern so Engelberger – auch, weil dadurch auch die Eltern verstärkt zu Hause bleiben.

Hier liegt für viele Eltern in dieser hitzigen Diskussion über den Fernunterricht der Knackpunkt. Nehmen die Kinder am Fernunterricht teil, müssen sie zu Hause betreut werden. Schwierig wenn beide Elternteile arbeiten oder bei Alleinerziehenden. Für viele Eltern sind Schulschliessungen nur dann realistisch, wenn der Bund auch eine Home-Office-Pflicht ausspricht – vorausgesetzt der Beruf erlaubt die Arbeit von zu Hause überhaupt.

Am Mittwoch wird erwartet, dass sich der Bundesrat zu weiteren Massnahmen äussern wird.

So gefährlich ist die neue Virusform

Ansteckungsfälle mit der Coronavirus-Mutation, die erstmals in Grossbritannien nachgewiesen wurde, sind inzwischen elf Mal in der Schweiz aufgetaucht. Experten gehen davon aus, dass die neuartige Form des Virus schon seit längerem in der Welt zirkuliert.

Es ist davon auszugehen, dass die Mutation für den rasanten Aufstieg der Fallzahlen in Grossbritannien mitverantwortlich ist. Am Samstag erreichten die Fallzahlen im Vereinigten Königreich einen traurigen Rekordwert von 57'000, der fünfte Rekordtag in Folge.

Die Genfer Virologin Isabella Eckerle weist darauf hin, dass Wissenschaftler seit Bekanntwerden der Mutation eine Massnahmenverschärfung forderten. «Alle Informationen und zu ergreifenden Schritte sind glasklar».

Die neue Virusform gilt als rund 50 Prozent ansteckender als die bekanntere Corona-Variante. Sie gehe zwar nicht mit schwereren Krankheitsverläufen einher, doch eine schnellere Ausbreitung bedeutet im Endeffekt auch mehr Tote.

Experten befürchten zudem, dass mit jeder neuen Ansteckung die Gefahr wächst, dass das Virus weiter mutieren könnte, bis es immun auf die bestehenden Impfstoffe werden könnte. Die Welt wäre wieder zurück auf Feld eins.

veröffentlicht: 4. Januar 2021 12:28
aktualisiert: 4. Januar 2021 13:02
Quelle: PilatusToday

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