Kirchen-Austritte

Zentralschweizer Verein rechnet mit neuem Rekord

18.09.2023, 12:39 Uhr
· Online seit 18.09.2023, 07:09 Uhr
Kirchenaustritt Schweiz: So heisst ein Verein, der ein Gratisformular auf seiner Website für den Kirchenaustritt anbietet. Für 29 Franken wickelt er für Austrittswillige die ganze Prozedur ab. Ein Angebot, das seit der Missbrauchs-Studie extrem gefragt ist.
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Nach den kürzlich bekannt gewordenen sexuellen Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche haben die Austrittsgesuche zugenommen. Wie Stefan Amrein aus Sursee, Gründer des Vereins Kirchenaustritt gegenüber der Luzerner Zeitung sagt, war die Nachfrage nach ihrem Austrittsformular so hoch wie noch nie. «Wir verzeichnen immer wieder eine Zunahme der Gesuche, wenn ein Skandal innerhalb der Kirche publik wird. Auf unserem Gratisformular für den Kirchenaustritt verzeichneten wir in den letzten Tagen aber bis zu zehnmal höhere Zugriffszahlen als sonst.»

Quelle: Studie zum sexuellen Missbrauch in der kath. Kirche wird präsentiert / 12.09.2023

Auf der Website des Vereins Kirchenaustritt kann ein Gratisformular heruntergeladen werden. Es muss unterzeichnet und seiner Kirchgemeinde zugestellt werden. Für 29 Franken übernimmt der Verein die komplette Abwicklung des Austritts. Die meisten würden aber auf das Gratisformular zugreifen, sagt Stefan Amrein. «Die kostenpflichtige Version nutzen nur diejenigen, die sichergehen möchten, dass sie absolut nichts mehr mit der Kirche zu tun haben.»

Das sei vor allem dann der Fall, wenn die Kirche ihre Schäfchen nicht einfach ziehen lassen möchte. So werden gemäss Amrein immer wieder Austretende von ihrer Kirchgemeinde kontaktiert. Wie er gegenüber der Luzerner Zeitung weiter sagt, stünde manchmal der Dorfpfarrer vor der Tür einer austrittswilligen Person. In anderen Fällen würden sie am Telefon zusammengestaucht. Wie ein Austretender erzählt, habe er sich Folgendes anhören müssen: «Man tritt nicht aus der Kirche aus. Das macht man einfach nicht!»

Auch Amrein wird von Gläubigen immer wieder angefeindet. Die Kirche wollte ihm schon die Schuld an den hohen Austrittszahlen in die Schuhe schieben. Sie bezeichnen seinen Service als unmoralisch. Dazu Amrein: «Ich bin mir nicht sicher, ob die Kirche in der aktuellen Situation die richtige Stelle ist, um über Moral urteilen zu können. Eine Prognose über die weitere Entwicklung sei schwierig. Amrein wäre aber nicht überrascht, würde 2023 ein neuer Rekord aufgestellt und so viele Leute austreten wie noch nie.

Vergangenen Dienstag hatte die Universität Zürich ihre Studienergebnisse zu sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in der Schweiz veröffentlicht. Danach lief die Hotline von Kirchenaustritt Schweiz auf Hochtouren. Das Postfach sei voll gewesen. Amrein rechnet deshalb für das Jahr 2023 mit einem neuen Austrittsrekord.

(red.)

veröffentlicht: 18. September 2023 07:09
aktualisiert: 18. September 2023 12:39
Quelle: PilatusToday

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