Kommentar: Die Schweiz will nicht vorangehen – das ist schade
Die Unternehmen in der Schweiz sollen genauer hinschauen, was ihre ausländischen Tochterfirmen machen. Wenn diese gegen internationale Umweltschutz-Standards und Menschenrechte verstossen, sollen sie dafür vor Schweizer Gerichten zur Verantwortung gezogen werden. Das waren die zentralen Forderungen der Konzernverantwortungs-Initiative.
Es war mit schätzungsweise 18 Millionen Franken der wohl teuerste Abstimmungskampf, den die Schweiz je erlebte. Man setzte auf Emotionen – auf beiden Seiten. Hier weinende Kinder und Umweltzerstörung, dort Angstmache vor drohenden Arbeitsplatzverlusten. Im Fokus Karin Keller-Sutter.
Die Justizministerin reiste quer durchs Land, referierte an unzähligen Podien gegen die Konzernverantwortungs-Initiative. Dies übrigens mit teils fragwürdigen Argumenten, gerade was etwa die Zahl der von der Initiative betroffenen Unternehmen betraf, bevor überhaupt ein Gesetzestext zur Verfassungsbestimmung vorlag. Die Frage sei berechtigt, ob ein solches Engagement einer Bundesrätin im Abstimmungskampf wirklich der schweizerischen Polit-Kultur entspricht?
Einen Teilerfolg können die Initianten trotzdem feiern. Das Volksmehr wurde erreicht, 50,7 Prozent der Stimmenden legten ein Ja in die Urne. Gescheitert ist die Vorlage am Ständemehr. Einmal mehr gab es den Stadt-Land-Graben und zudem wieder den tiefen Riss zwischen der französischen und deutschen Schweiz. Die zehn grössten Städte sagten Ja, die Romandie und das Tessin.
Mehr Fairness in einer globalisierten Welt, dieses Thema hat sich auch die EU mit dem angekündigten Lieferkettengesetz auf die Agenda gesetzt, etwas Ähnliches wie die nun gescheiterte Konzernverantwortungs-Initiative.
Die Schweiz wollte hier nicht vorangehen – schade. Dabei wäre die Konzernverantwortungs-Initiative ein Anfang gewesen. Ein kleiner Schritt in eine fairere Zukunft.