Missbräuche

Abt des Klosters Einsiedeln geisselt Verhalten der Kirche als feige

15.09.2023, 16:04 Uhr
· Online seit 15.09.2023, 14:46 Uhr
Am Donnerstagabend wurde in Einsiedeln das Fest der Engelweihe gefeiert. Während der Prozession sprach Abt Urban Federer zu den Gläubigen und fand klare Worte zu den Missbräuchen: «Wir haben verletzte und ausgebeutete Menschen allein gelassen.»

Quelle: Studie zum sexuellen Missbrauch in der kath. Kirche wird präsentiert / 12.09.2023

Anzeige

Der 14. September ist im Klosterdorf Einsiedeln ein Feiertag. Jedes Jahr feiern mehrere hundert Gläubige das Fest der Engelweihe. Immer am Abend findet der Höhepunkt statt: Eine Prozession mit Gesang, Gebet und Musik. Auch eine Ansprache des Klostervorstehers gehört dazu.

In seinen Worten gedachte Abt Urban Federer zuerst der Erdbebenopfer in Marrakesch. Dann kam Federer auf die Missbrauchsopfer in der Kirche zu sprechen. Ein Team von Forschenden der Universität Zürich präsentierte diese Woche einen schockierenden Bericht. Es dokumentierte 1002 Fälle von sexuellem Missbrauch, die sich seit Mitte des letzten Jahrhunderts ereigneten. Dabei handle es sich nur «um die Spitze des Eisbergs», betonten die Forscherinnen.

Schuld der Kirche wiegt schwer

Die erschütternden Ergebnisse der Studie haben den Abt des Klosters Einsiedeln offenbar dazu veranlasst, mit klaren Worten dazu Stellung zu nehmen. Sinngemäss geisselte Federer das Verhalten der Kirche vor den Gläubigen als feige, auch wenn der Kirchenvertreter das Wort selbst nicht aussprach.

Scan den QR-Code

Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.

Federer sprach die Worte klar und deutlich, ohne dabei aber pathetisch zu wirken. «Die Schuld der Kirche ist so gross, als dass wir sie selbst tragen könnten» – damit meint er wohl, dass die Schuld der Kirche so gross sei, dass Gott helfen müsse, sie zu tragen. Also sprach er auch zu Gott: «Schütze die Betroffenen und die Wehrlosen. Schenke der Menschheit eine neue Weise des friedlichen Miteinanders.»

Engelweihe lockt Menschen von nah und fern an

An der Engelweihe wird in Einsiedlen das Weihefest der Einsiedler Gnadenkapelle gefeiert. Der Legende nach hat Jesus Christus in der Nacht vom 13. auf den 14. September im Jahr 948 persönlich die Kapelle zusammen mit vielen Engeln und Heiligen zu Ehren seiner Mutter Maria geweiht. Pilger aus der ganzen Schweiz reisen aus diesem Anlass nach Einsiedeln.

(Benno Kälin)

veröffentlicht: 15. September 2023 14:46
aktualisiert: 15. September 2023 16:04
Quelle: ZüriToday

Anzeige
Anzeige
redaktion@pilatustoday.ch