Schwarzer Herbst

«Musste sehr schnell reagieren» – Moritz Leuenberger blickt zurück

25.10.2021, 20:10 Uhr
· Online seit 25.10.2021, 19:56 Uhr
Im Katastrophen-Herbst vor 20 Jahren wurde er zum Tröster der Nation: der damalige Bundespräsident Moritz Leuenberger. Im «Fokus» blickt er mit uns zurück auf die Terroranschläge in New York, das Attentat in Zug und das Inferno im Gotthard-Tunnel.

Quelle: tele1

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Wenn sich Moritz Leuenberger an den Herbst 2001 erinnert, gibt es für ihn ein Ereignis, das ihm besonders nahe gegangen ist: «Das war ganz klar das Attentat in Zug. 14 Menschen wurden damals ermordet, Politikerinnen und Politiker in ihrer Funktion. Das fand ich das Fürchterlichste.» Der Unfall im Gotthardtunnel ist laut Leuenberger auch schlimm gewesen. Er wolle nichts beschönigen, aber es sei ein Verkehrsunfall gewesen, der in Risikoabschätzungen leider vorkomme und die Feuerwehr schon geübt habe. Das Swissair-Grounding sehe er schlussendlich als ein Versagen von Verwaltungsräten. Und 9/11? «Das war weit weg. Natürlich hat es uns auch getroffen, aber man empfindet immer das, was einem am nächsten geht und am persönlichsten trifft, als besonders schlimm. Und das war Zug.»

Im Rückblick weiss jeder und jede, was er bei den Terroranschlägen in New York am 11. September 2001 gemacht hat. Das ist auch bei Moritz Leuenberger nicht anders. Der damalige Bundespräsident sass in einer Sitzung in Bern. An den Inhalt erinnert er sich zwar nicht mehr genau, was danach geschah aber schon: «Es ging um Verkehrsstau oder den Wolf. Erst nach der Sitzung erfuhr ich von den Anschlägen. Als Bundespräsident musste ich sehr schnell reagieren, weil man das auch in unserem Land erwartete.»

Angst um die eigene Sicherheit hatte Leuenberger damals nicht, als politisch Verantwortlicher musste er aber handeln. Der Schutz im Bundeshaus und anderen politischen Einrichtungen im Land wurde erhöht, auch wenn nach einiger Zeit dies wieder abgeflaut sei. Die Volksmeinung kippe jeweils schnell, es passiere ja wohl schon nichts: «Wir sind so ein glückliches Land, bei uns kann so etwas nicht passieren. Das war naiv.» Wir sind Teil der ganzen Welt und der Herbst 2001 habe dies leider gezeigt.

Nach der Brandkatastrophe im Gotthard-Strassentunnel ging Leuenberger nicht sofort vor Ort. Vor den Medien sagte er damals, er wolle die Rettungskräfte nicht behindern, er stehe diesen nur im Weg. Dies sei im Nachhinein ein Fehler gewesen: «Es geht eben auch darum, der Südschweiz zu zeigen, der Bundespräsident kümmert sich um euch, auch wenn er natürlich nicht helfen kann.» Es sei wichtig, bei so einer nationalen Tragödie den Betroffenen sagen zu können, dass man für sie da ist.

Ob er denn lieber heute Bundesrat wäre und die Ereignisse des Katastrophen-Herbsts mit der Corona-Krise tauschen wolle? Solche Gedanken mache er sich nicht. «Ich hoffe einfach, die Leute sagen nicht nur, das ist der mit den fünf Katastrophen.» Und für den aktuellen Bundesrat wünscht er sich dasselbe: «Alain Berset hat ja auch noch andere Aufgaben, als sich nur zur Corona-Krise zu äussern.»

Das ganze Gespräch mit Moritz Leuenberger gibt es im Video.

veröffentlicht: 25. Oktober 2021 19:56
aktualisiert: 25. Oktober 2021 20:10
Quelle: PilatusToday

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